„Die vielfältigen Maßnahmen, die wir hier entsprechend der gewässerökologischen und naturkundefachlichen Rahmenbedingungen umgesetzt haben, schaffen für Flora und Fauna am Inn neue Lebensräume“, erklärt TIWAG-Vorstandsdirektor Alexander Speckle: „Tirols größter Fluss kann sich in diesem Abschnitt wieder eigendynamisch entwickeln – und nicht nur hier, denn TIWAG realisiert auch an anderen Flussabschnitten sowie an vielen weiteren Gewässerstrecken in Tirol nachhaltige Flussaufweitungen.“ „Der Wasserhaushalt des Inn erlebt mit diesem Projekt eine weitere Aufwertung“, freut sich auch Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler: „Die vorbildhafte Umsetzung dieses Projekts zeigt auch, dass in Tirol die Wasserkraftnutzung im Einklang und Ausgleich mit der Natur möglich ist.“
Biodiversität und neue Lebensräume
Der Inn weist in Tirol mit insgesamt 150 Kilometern zwischen Fließ und Kirchbichl die längste freie Fließstrecke eines Flusses in Österreich auf, wurde aber auch im Laufe der Zeit in vielen Bereichen eingeengt, begradigt und verbaut. Die Flusssohle hatte sich eingetieft, viele Auzonen trockneten aus.
Auf einer Länge von rund drei Kilometern wurden daher zwischen Stams und Rietz die bestehende Ufersicherung entfernt und das Gewässerbett um bis zu 75 Meter aufgeweitet, damit der Inn künftig eigendynamisch wirken kann. So entstanden vielseitige Lebensräume für Gewässer- und Landlebewesen, beispielsweise Ruhig- und Flachwasserzonen, Seitenarme, Naturufer, Schotterflächen und Inseln, die in den letzten 150 Jahren verschwunden waren – unter anderem durch Landnutzung, Eisenbahn- und Autobahnbau. Der Hochwasserschutz für die angrenzenden Siedlungsflächen und die Autobahn bleibt durch die Maßnahme ebenfalls zukünftig sichergestellt.
Mit dem Hochwasser Ende August kam es zu einer ersten eigendynamischen Entwicklung der Gewässerstrecke. So ist z.B. im mittleren Teil der Renaturierungsmaßnahme eine Inselstruktur entstanden. Der Inn hat seine neu gewonnene Freiheit zum Gestalten genutzt. Zugleich war die Hochwassersicherheit jederzeit gegeben.
Seltene Vögel siedeln sich an
Raubäume und Fischunterstände sowie Totholz und Steine bieten Reptilien und Käfern neuen Unterschlupf. Auch der Zwergrohrkolben, eine früher für den Inn typische Pflanze, wurde im Zuge des Projekts neu angesiedelt. „Besonders erfreulich und ein Beleg für die Qualität der umgesetzten Maßnahmen ist, dass sowohl Flussregenpfeifer als auch Flussuferläufer, zwei europaweit seltene Vogelarten, sich im Gebiet der Ausgleichsfläche angesiedelt haben und an den Uferflächen brüten“, erklärt TIWAG-Ökologe Martin Schletterer: „Wir appellieren daher an die Bevölkerung, in der Brutzeit (April - August) auf die Tiere Rücksicht zu nehmen und die Schotterflächen nicht zu betreten.“ Zudem gewährleiste die Dimension dieser Revitalisierung auch eine positive Wirkung auf flussauf- und flussabgelegene Abschnitte und stelle insbesondere in fischökologischer Hinsicht eine bedeutende Maßnahme dar.
Eine für die Natur ebenso positive Begleiterscheinung ist die Beseitigung von 9.500 Kubikmeter Müll, die im Zuge der Vorerhebungen entdeckt, fachgerecht ausgehoben und entsorgt wurden.
Umfangreiches Monitoring
Die Wasserbauarbeiten und damit der größte Teil der unmittelbaren Bauarbeiten sind zwar abgeschlossen, das Projekt als Ganzes aber noch nicht: In den nächsten Monaten bzw. Jahren stehen für die ÖkologInnen der TIWAG noch umfangreiche begleitende Arbeiten auf dem Programm: Neben der Bekämpfung von Neophyten muss sich die Vegetation entsprechend entwickeln, einige Flächen benötigen zudem noch Pflege und Nachschau. Gleichzeitig wird ein umfassendes Monitoringprogramm umgesetzt.
Im Bild: Mehr Lebensraum am Inn (v.li.): TIWAG-Vorstandsdirektor Alexander Speckle, Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler, Projektleiter Klaus Feistmantl und Ökologe Martin Schletterer freuen sich über die gelungene Renaturierungsmaßnahme.